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Sunken Steamers


Die Normandie - das französische Juwel
Die Normandie - 1931 -1945
n den Augen vieler ist sie auch heute noch das eleganteste und schönste Schiff, das jemals die Weltmeere befahren hat. Und gerade sie, die großartige Verkörperung und meisterhafte Manifestation französischer Lebensart, musste doch nach viel zu kurzer Dienstzeit einen für einen Ozeandampfer besonders würdelosen und traurigen Tod sterben. Dennoch, und vielleicht gerade deswegen bleibt die Normandie, dieses für seine Zeit revolutionäre und geradezu avantgardistische Schiff eine ganz besondere Legende unter der Vielzahl der stählernen Kolosse, die in der Ära der großen Transatlantikliner die Weltmeere befuhren.

Werbeplakat der French Line, 1935 Die Planung und die Konstruktion für Normandie fiel in die Zeit kurz vor dem Beginn der großen Weltwirtschaftskrise, getragen von der überhitzten Stimmung in Wirtschaft und Gesellschaft, in der alles möglich zu sein schien, und im Eindruck des anhaltenden Erfolges des Norddeutschen-Lloyd-Duos Bremen und Europa wollten auch die britische Cunard Line und die French Line nicht zurückstehen.

Der Schock des Schwarzen Freitags jedoch und die darauf einsetzende Weltwirtschaftskrise warf die ehrgeizigen Pläne der Reedereien um Jahre zurück. Bei Cunard - inzwischen der Not gebietend mit dem langjährigen Konkurrenten White Star fusioniert - sollte es beinahe acht Jahre dauern, bis die Reederei endlich die geplante Queen Mary in Dienst gestellt werden konnte. Und auch bei der French Line verzögerte sich die Fertigstellung der Normandie immer weiter, und auch aufgrund des immer noch aufgrund der wirtschaftlichen Lage spärlichen Aufkommens an Passagieren für die Transatlantikpassage wurde die Jungfernfahrt ein ums andere Mal verschoben. Erst 1935, sechs Jahre, nachdem die Planungen für die Normandie begonnen und vier Jahre, nachdem sie auf Kiel gelegt worden war, war der neue Stolz der Franzosen endlich zu seiner ersten Atlantiküberquerung bereit. Diese indes sollte nach der schwierigen Anlaufphase dafür umso erfolgreicher ausfallen.

Achternansicht der Normandie In nahezu allen Belangen stellte das neue Flaggschiff der French Line Rekorde ein und setzte neue Maßstäbe. In Punkto Geschwindigkeit hatte sich schon bei den ersten Testfahrten herausgestellt, dass die Normandie wohl die bisherigen Bestmarken für die schnellste Atlantiküberquerung weit hinter sich lassen würde (was sie dann auch tat).
Darüber hinaus war die äußere Gestaltung des Schiffes gemessen an den bisher üblichen Normen für Ozeandampfer beinahe schon revolutionär. Ausgesprochen windschnittige Formen, elegante Rundungen und harmonische Ãœbergänge bei den Aufbauten verliehen der Normandie eine unvergleichliche Ästhetik, die andere Dampfer neben ihr regelrecht klobig und plump aussehen ließen. Auch die Inneneinrichtung war von kaum zu überbietender Eleganz und Fülle, vor allem auch die Raumaufteilung war durch die Umleitung der Rauchabzugsschächte im Inneren des Schiffes entlang der Außenwände großzügig wie nie zuvor. Der berühmte Speisesaal der 1. Klasse auf der Normandie Ohne die Unterbrechung des Schiffskörpers durch die Abzugsschächte konnten Säle von bis heute unerreichter Größe und Höhe eingerichtet werden, unter Ihnen herausragend insbesondere der über hundert Meter lange, fünfzehn Meter breite und acht Meter hohe Speisesaal der ersten Klasse. Ãœberhaupt war die Normandie wie kaum ein Schiff zuvor auf Luxus ausgerichtet: über der Hälfte ihrer 1972 Betten waren Plätze der ersten Klasse, drei Viertel des zur Verfügung stehenden Schiffsraumes waren der obersten Gesellschaftsschicht vorbehalten. Die Indienststellung der Normandie geschah eindeutig nahezu ausschließlich für die Reichen und Mächtigen der Welt - und dies mit Erfolg. In kurzer Zeit hatte die französische Schönheit den ersten Rang unter den Atlantiklinern eingenommen und sich einen hervorragenden Ruf bei der Prominenz erworben. Die Passagierlisten zierten ein ums andere Mal Namen aus den höchsten Kreisen von Wirtschaft, Politik und Kunst und lasen sich regelmäßig als ein Who's Who der Upper Class der Dreißiger Jahre. Es galt als chic, die Normandie zur Atlantiküberquerung zu benutzen, im Prinzip hatte das Schiff in seiner Glanzzeit einfach alles - bis auf eine ernstzunehmende Rivalin.

Diese wollte Cunard White Star 1938 endlich mit der neuen Queen Mary ins Rennen schicken. Doch von Anfang an konnte der Unterschied zwischen den beiden Schiffen kaum größer sein. Während die Normandie, in Aussehen und Eleganz ihrer Zeit weit voraus schien, war die Queen Mary mit ihrer klassischen Silhouette, der altbewährten Einrichtung und Technik geradezu ein Muster an Rückwärtsgewandheit - den Glamour und die Innovation, der die Normandie kennzeichnete, sollte die Queen Mary nie erreichen, auch wenn auch sie später ein überaus beliebtes Schiff werden sollte.

Giganten unter sich - die Normandie (2. v.o.), darunter die Queen Mary und ihr Schwesterschiff Queen Elizabeth Der Wettstreit der beiden Superliner um die Gunst der Passagiere wurde jedoch schon nach kürzester Zeit durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges jäh beendet. Die Normandie suchte in neutralen Gewässern Schutz und wurde im New Yorker Hafen angedockt. Dort blieb sie während den ersten Monaten des Krieges, auch als die von Nazi-Deutschland abhängige Regierung von Vichy-Frankreich ihre Rückgabe forderte. Statt dessen übergab die Hafenverwaltung die Obhut über das Schiff an die US-Küstenwache. 1941 schließlich, im Zuge des japanischen Angriffs auf Pearl Harbour, wurde die Normandie von der US Navy beschlagnahmt. Man plante, das Schiff zu einem Truppentransporter auszubauen, wie es bereits zuvor mit der Queen Mary geschehen war.

Die Umbaumaßnahmen wurden Ende des Jahres 1941 in Angriff genommen, nachdem die Inneneinrichtung ausgelagert und in mehreren New Yorker Lagerhäusern untergebracht worden war. Jedoch herrschte bei den Arbeiten ein erschreckendes Maß an Unkoordiniertheit bei katastrophalen Sicherheitsumständen. Die allgemeine Desorganisation, hervorgerufen durch Zeitdruck, bürokratischen Wirrwarr und Kompetenzwirrwarr führte dann auch schließlich zu jenem Unglück, dass das Schicksal der Normandie besiegelte.

Die Normandie steht in Flammen - 1942 Im Februar des Jahres 1942 brach bei Schweißarbeiten im ehemaligen Grand Salon Feuer aus. Aus einer Kette von Pannen und unglücklichen Zufällen resultierend (leicht entflammbare Schwimmwesten waren in nächster Nähe gelagert, die Feuermelder waren außer Betrieb, die Feuerwache des Schiffes erst kürzlich umquartiert worden und noch ohne Telefon, die Direktverbindung zur New Yorker Feuerwehr war unterbrochen) stand ein Großteil des Schiffes schon längst in Flammen, bevor Löschboote und Löschzüge in Stellung gebracht waren. Zu allem Unglück führte dann das Löschwasser, das die Feuerwehrmannschaften in den Schiffsrumpf pumpten auch noch dazu, dass die Normandie zunehmend Schlagseite bekam, weil die Löschboote von der Seeseite aus die Vielfache Menge an Wasser in das Schiff leiteten als es die Löschzüge am Kai taten. Dies jedoch wurde nicht rechtzeitig bemerkt, und so passierte letztlich das Unvermeidliche: die stolze Normandie, ausgebrannt und qualmend, legte sich zur Seite und kenterte zur Seeseite hin.

In den folgenden Wochen, nachdem der Brand gelöscht und das Wrack des einstigen Flaggschiffes der French Line traurig in den schlammigen Fluten des Hudson lag, passierte zunächst nicht viel, abgesehen davon, dass sich verschiedene Untersuchungsausschüsse leidlich erfolgreich mit der Klärung der Schuldfrage für das Debakel befassten. Ein durchaus symbolisches Bild für manch zeitgenössischen Betrachter, und gleichsam ein Symbol für die amerikanische Unentschlossenheit und Unfähigkeit, auf Herausforderungen zu reagieren, während im Pazifik die japanische Flotte einen Sieg nach dem anderen errang.

Abgesoffen - die ausgebrannte und gekenterte Normandie - 1942 Sei es die Vorstellung, dass eine gehobene Normandie wertvoller sei als eine, die im Schlickwasser des New Yorker Hafens vor sich hinrottet, oder sei es der Wunsch nach dem Setzen eines Zeichens für den Aufbruch - schließlich entschied sich die US Navy dafür, die Normandie zu heben und wieder flott zu machen, um sie vielleicht doch noch als Truppentransporter einsetzen zu können. Die Bergung war langwierig, schwierig und kostenintensiv, aber am Ende hatte man die Normandie wieder über Wasser und bis zum Herbst des Jahres 1943 in ein Trockendock geschafft. Dort allerdings stellte sich heraus, dass die Schäden, die am Rumpf entstanden waren, nur unter noch erheblich größeren Kosten zu beseitigen waren - soviel Geld waren die US Militärs aber nicht mehr zu investieren bereit. Somit lag das Schiff die letzten Kriegsjahre leer und vor sich hinrostend an einer Pier in Brooklyn. Nach Kriegsende bot man der französischen Regierung das Wrack zur Rücknahme an, als diese jedoch an der Normandie kein Interesse mehr zeigte, wurde das Schiff schließlich zum Verschrotten verkauft. Nur seine Einrichtung hat überlebt, und befindet sich heute in alle Winde verstreut an den verschiedensten Orten - von der imposanten Frauenstatue La Paix, die einst über den Speisesaal der ersten Klasse wachte und heute auf einem Friedhof auf Long Island steht bis hin zu den Flügeltüren des Speisesaals, die jetzt den Haupt- und den Seiteneingang einer Kirche in Brooklyn zieren.

Das Ende der Normandie war so traurig und würdelos, wie ihre aktive Zeit auf der anderen Seite glamourös und großartig gewesen war. Dennoch kann ihr Ende ihr nicht den Glanz nehmen, den sie sich als das französische Juwel unter den Ozeanlinern erworben hat - bis heute strahlt das Vermächtnis der Normandie in einem ganz besonderen Licht.

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